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Erfolgsgeschichte 4 - Frau D. (28)

Montag, 24. August 2020

 Persönliches:

  • Zivilstand: ledig
  • Kinder: keine
  • Ausbildung: Malerin EBA
  • Wie lange arbeitslos: fünf Jahre, zwischendurch immer wieder Temporäreinsätze
  • Wie lange im maxi.mumm: ungefähr 1,5 Jahre
  • Im ersten Arbeitsmarkt seit: Februar 2017

 

maxi.mumm: Wie kam es zu Ihrer Arbeitslosigkeit?

Frau D.: Ich absolvierte die Kleinkasse. Eigentlich wollte ich im Bereich Verkauf, Automechanik oder Pflege eine Lehre machen. Aber sobald die Leute «Kleinklasse» lasen, hatte ich keine Chance mehr. Ich wollte jedoch etwas machen, mein eigenes Geld verdienen und fing nach der Schule mit temporären Einsätzen im Service und an einer Bar an. Dann klappte es mit einer Vorlehre in einem Detailhandelsgeschäft. Dort konnte ich aber die Lehre nicht machen, da von Seiten Geschäft die notwenige Ausbildung zur Lehrlingsbetreuung fehlte. Zur gleichen Zeit ging meine langjährige Beziehung zu Ende und ich zog zurück zu meiner Familie. Ich schrieb weiterhin viele Bewerbungen – aber es klappte nie. Ich meldete mich schliesslich beim Sozialdienst, welcher mich gleich beim maxi.mumm im damaligen Jugendprogramm in Roggwil anmeldete.

maxi.mumm: Was hat sich in Ihrem Leben mit der Arbeitslosigkeit geändert?

Frau D.: Natürlich kamen aus dem familiären Umfeld oder dem Freundeskreis zum Teil dumme Sprüche, so nach dem Motto: «Du bist doch nur zu faul zum arbeiten». Am Anfang zog ich mich eher zurück, aber mit dem wachsenden Selbstvertrauen bot ich auch mal die Stirn. Dann gab es sicherlich auch Momente, in denen ich mich sehr einsam fühlte. Durch die Zeit im maxi.mumm gewann ich an Selbstvertrauen, blühte auf und wurde wie ein anderer Mensch. Ich hatte Tiefs, ich hatte Hochs. Aber durch das gewonnene Selbstvertrauen lernte ich, mich auch gegen Personen zu wehren, die mich ausnutzen wollten. Ich lernte, Leute besser wahrzunehmen, besser einzuschätzen. Ich traute mich dann aber auch, Personen, die mir nicht gut taten, wegzuweisen. Das konnte ich vor meiner maxi.mumm-Zeit nicht.

So kurz die Zeit im maxi.mumm im ganzen Prozess in den ersten Arbeitsmarkt war – irgendwie sehe ich die gewonnenen Fähigkeiten und Kompetenzen als Schlüssel oder als Krücke, welche mich seither begleiten und mir in verschiedenen Situationen immer wieder ein Türöffner oder eine Stütze waren.

Als meine langjährige Beziehung auseinanderging und ich zurück zu meinen Eltern zog, war dies eine grosse Erleichterung. Wenn ich mir vorstelle, dass ich all dies ohne den Rückhalt meiner Familie hätte durchmachen müssen – ich wüsste nicht, wo im Leben ich nun stehen würde. Auf jeden Fall nicht da, wo ich jetzt stehe. Meine Mutter war stets für mich da – auch wenn es ihr selber nicht gut ging. Mein Vater unterstützte mich auch immer und half mir, indem er die Vorfinanzierung meiner Fahrstunden übernahm, wenn es mal knapp wurde.

maxi.mumm: Was waren die ersten Gedanken, als Sie vom maxi.mumm hörten?

Frau D. Ich hatte das maxi.mumm zuvor nicht gekannt. Ich holte mir vorerst die Infos übers Internet. Die Kombination von Arbeiten, Bewerben und Schule für die Jungen faszinierte mich. Ich sah das als grosse Chance für mich, für die Jugendlichen. Da wollte ich hin.

maxi.mumm: Was war Ihre Motivation, zurück in die Arbeitswelt zu wollen?

Frau D: Ganz klar, die Einstellung zur Arbeit, die ich durch die Erziehung meiner Eltern geniessen durfte. Natürlich, am Anfang empfindet man die Arbeitslosigkeit wie Ferien… aber schon bald hatte ich das Gefühl, dass mir die Decke auf den Kopf fiel. Es wird mit der Zeit langweilig. Und auch die finanzielle Unabhängigkeit war ein wichtiger Motivationsgrund.

Meine Sozialberaterin wollte, dass ich mich bei der IV anmelde. Sie wollte dem Grund nachgehen, warum ich keine Lehrstelle finde. Sie schickte mich in die Abklärung wegen Minderintelligenz. Nach einem Test in Bern und einem Einsatz in der BEWO in Oberburg wurde meine Aussage bestätigt und ich konnte beweisen, dass ich nicht unter Minderintelligenz leide, sondern einfach eine Lernschwäche habe. Ich bin weder geistig noch körperlich behindert. Ich fühlte mich in der BEWO nach diesem Monat fehlplatziert. Aber ich fühlte mich gut, dass ich es dem Sozialdienst zeigen konnte, dass ich arbeiten kann und will.

maxi.mumm: Wie konnte Ihnen das maxi.mumm bei Ihrer Integration in den Arbeitsmarkt Unterstützung bieten?

Frau D: Ich war im Bereich Reinigung/Hauwartung tätig. Dies war eigentlich eher ein Zufall, denn die anderen Bereiche, die ich mir vorstellen konnte, waren bereits besetzt. Einer der Betriebsleiter brachte mir den Beruf als Maler näher. Ich war offen und motiviert, diese Tätigkeiten kennenzulernen und entwickelte grosse Freude daran. Durch die interne Stellenvermittlung bekam ich dann die Chance, befristet in einem Malergeschäft zu arbeiten und fand heraus, dass ich im Gegensatz zu meinem Kollegen keine Mühe hatte, auf hohe Leitern und Gerüste zu steigen. Das machte mir Freude. Ich konnte dann in einem Malergeschäft für eine Lehrstelle schnuppern. Es gefiel mir dort aber gar nicht, ich fühlte mich als Aussenseiter – konnte das aber sehr ehrlich mit meinen Coaches vom maxi.mumm besprechen. Sie zeigten Verständnis, standen hinter mir und meiner Entscheidung, dort die Lehre nicht absolvieren zu wollen. Schon bald durfte ich bei einem zweiten Malergeschäft schnuppern. Dort gefiel es mir so gut, dass ich die Lehrstelle zur Malerin EBA startete.

Schulisch lief es mir während meiner Lehre sehr gut. Ich war in meiner Schullaufbahn nie so gut wie in der Berufsschule. Am Anfang war ich eher zurückhaltend, denn ich war die einzige Schweizerin und Frau in der Klasse. Mit der Zeit ging es aber so gut, dass ich zu einer Art «Klassenmami» wurde.

Im Lehrbetrieb jedoch fühlte ich mich bald nicht mehr wohl. Ich wurde gemobbt – es passierten dann auch Unfälle. Für mich die Hölle auf Erden. Einmal flog ich sogar vom Gerüst. Ich konnte mich anfänglich nicht überwinden und über die Probleme im Betrieb sprechen, aber meine Eltern ermutigten mich, mich bei den Lehrlingsbetreuern auszusprechen. Leider änderte dies nicht viel. Aber es tat sich dann doch ein Türchen auf und ich konnte in eine Zweigstelle des Betriebes wechseln. Als Aushilfe durfte ich dort mit dem Chef arbeiten und konnte ihm alles anvertrauen. Schlussendlich durfte ich das letzte halbe Jahr meiner Ausbildung in diesem Zweigstellenbetrieb absolvieren. Dort konnte ich alles für die LAP aufholen, was mir vorher nicht gezeigt wurde und konnte schliesslich meine EBA-Lehre erfolgreich abschliessen. Ich fühlte mich sehr erleichtert. Von Seiten Berufsschule hätte ich sogar noch ein Jahr anfügen können, um den Abschluss als Maler EFZ zu erlangen. Da ich aber während so langer Zeit in einem so negativen Klima als Malerin gearbeitet hatte, konnte ich mich seit meinem Lehrabschluss nicht mehr überwinden, in diesem Beruf tätig zu sein. Es ging einfach nicht – ich war wie blockiert. Sie haben mir die Freude an der «Malerei» in diesen zwei Jahren einfach verdorben.

Nach dem Lehrabschluss – wieder arbeitslos – meldete ich mich dann auf dem RAV. Dort ging das Theater wieder los: Meine Beraterin war ganz klar der Meinung, dass ich nun auf meinem gelernten Beruf eine Stelle suchen und annehmen müsse. Sie verstand meine Beweggründe, nicht wieder auf den Malerberuf zu wollen oder zu können, nicht. Nebenbei meldete ich mich auch bei einem Temporärbüro. Von dort konnte ich dann immer wieder vier- bis fünfmonatige Jobeinsätze absolvieren. Dabei merkte ich, wie sehr mich die Arbeit erfüllt, wenn sie eingebettet ist in einem guten Team, wo auch das soziale Miteinander gepflegt wird. Eine Firma erkundigte sich beim Temporärbüro immer, ob ich verfügbar sei, wenn sie Bedarf hatten. Das freute mich natürlich sehr.Dann kam wieder eine Anfrage für einen Temporäreinsatz und aus diesem Einsatz folgte per Februar 2017 eine unbefristete Arbeitsstelle.

Leider habe ich seit August 2019 Knieprobleme. Nachdem die Schmerzen immer schlimmer wurden, ging ich zum Arzt. Nach einem MRI erfuhr ich, dass ich eine Schleimbeutelfalte über dem Knie habe, die eine Operation nötig machte. Seitdem bin ich arbeitsunfähig. Der Arbeitgeber hat aber signalisiert, dass er mich weiterhin in der Firma haben will. Dies ist eine Erleichterung und trotzdem belastet es mich, weil ich endlich gesund werden möchte und wieder arbeiten will.

maxi.mumm: Was hat sich in Ihrem privaten Leben verändert, seit Sie wieder im Arbeitsmarkt stehen?

Frau D: Das lang andauernde Auf und Ab sowie die finanziellen Herausforderungen waren für mich eher schwierig. Ich konnte noch nie gut mit Geld umgehen. Sobald ich Geld hatte, gab ich es aus. Das Auf und Ab mit Job haben und Job verlieren bewog mich allerdings dazu, eine neue Strategie aufzubauen: Meine Rechnungen zu zahlen ist immer an oberster Stelle. Wenn ich Engpässe hatte, halfen mir zum Teil die Eltern. Diese Schulden bin ich nun aber immer noch am Abzahlen.

maxi.mumm: Welchen Rat geben sie den jetzigen Teilnehmenden, die im maxi.mumm sind?

Frau D.: Wer die Chance bekommt, im maxi.mumm sein zu dürfen, soll die Zeit auch als Chance nutzen!

 

Text: Manuela Bohrer

Daniela Häusler